Geschichte

Vom anarchistischen Kindergeburtstag zur politischen Kabarettshow

Unter dem Motto „Voll op de Nüss, ey“ fand im Frühjahr 1995 der erste STUNK im Theater am Schlachthof in Neuss statt. Ein Abend, 8 Mark Eintritt, mit Pappnase 5 Mark. Wer Lust und Zeit hatte, beteiligte sich an der ca. vierstündigen Show, es gab einen verkleinerten Elferrat und nach einem kurzen Telefonat am späten Nachmittag auch zwei Musiker, die tuschten. Die am Haus verorteten Schauspieler*innen und Kabarettgruppen spielten Nummern aus ihrem Repertoire oder kurzerhand neue Nummern mit dem groben Überthema „Karneval“. Legendär dabei die unvergessene Hymne „Zipp, zipp, zipp, alle singen mit“ von Thomas Hover.

Überwältigt vom großen Erfolg dieses ersten STUNK-Abends setzte man 1996 drei Abende an. Dieses Mal hatte man sich im Vorfeld etwas mehr Gedanken zu Länge und Struktur des Abends gemacht, allerdings musste diese Planung teilweise umgestoßen werden, als einer der Stunker mitten in der Show aus bis heute nicht restlos geklärten Gründen die Flucht ergriff und nach Hause fuhr. Kurzerhand flitzte ein anderer Stunker zum Auto, schnappte sich eine CD und der ausgefallene Programmpunkt konnte erfolgreich kompensiert werden. Ja, STUNK war einfach ein „anarchistischer Kindergeburtstag“, auf dem alle Beteiligten und das Publikum eines hatten: Spaß. In den folgenden Jahren wurde der Faktor Spaß beibehalten, die Show dabei aber kontinuierlich ausgebaut und professionalisiert. Es gab Musiker, die tatsächlich schon einige Wochen vor den Auftritten wussten, dass sie mitmachen sollten, man löste sich vom Elferrat und entwickelte eine durchgehende Rahmenhandlung, in die einzelne Nummern und Songs eingebettet wurden. Mit maximal 120 Plätzen im TAS und bis zu 25 Menschen auf der Bühne wurde es doch reichlich eng im Mutterhaus und so expandierten die Stunker und präsentierten unter dem Motto „Märchen impossible“ den STUNK 1999 zum ersten Mal in Düsseldorf im zakk einem größeren Publikum. Auch dort wurden nach zunächst einem Abend in den Folgejahren immer mehr Abende gespielt. Den Schritt aus dem TAS wagte man 2004 mit dem „Sonderzug nach Venlo“ in die Neusser Nordstadthalle. 2005 zog die inzwischen etwas verkleinerte Truppe mit den Musikern der „deeband“ in die Wetthalle auf der Rennbahn um, ab 2012 dann mit der gastronomischen Unterstützung der “Wunderbar”.

In den nächsten Jahren ging es weiter mit der Professionalisierung, Martin Maier-Bode und Jens Neutag zogen sich aus dem Spielbetrieb zurück und nahmen anfangs noch gemeinsam die Regiebank ein, bevor Maier-Bode als alleiniger Regisseur übernahm. Zusammen mit Sabine Wiegand bildeten Maier-Bode und Neutag das bis heute bestehende Autorenteam, das für die Rahmengeschichten und den Großteil der Shows verantwortlich ist. Es bildeten sich feste Teams, die sich um allgemeine Organisation, Technik, Bühnenbild, Kostüme, Requisite, musikalische Leitung, Tanzchoreographien und den Kartenvorverkauf sowie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kümmerten. Die immer aufwendigere und anspruchsvollere Show wurde von Jahr zu Jahr erfolgreicher und damit auch arbeitsintensiver. Es kristallisierte sich ein festes Ensemble heraus, das in seiner heutigen Form seit 2008 besteht. Acht Schauspieler*innen, Kabarettist*innen und Sänger*innen bestreiten zusammen mit sechs Musikern und vier Technikern inzwischen pro Jahr weit über 20 Shows in der Neusser Wetthalle und seit 2018 im Düsseldorfer Capitol und begeistern jährlich an die 10.000 kostümierte und unkostümierte Zuschauer*innen. 

Der basisdemokratische Gedanke der ersten Sitzung wird nach wie vor gelebt und so ist STUNK auch heute noch derselbe anarchistische Kindergeburtstag wie 1995 – allerdings reifer, erwachsener, inhaltlicher und politischer.

Stunk 2002STUNK Teamfoto 2019_J.Witkowski